Samstag, 9. Mai 2009

Briganten am Wege

Vor einigen Wochen habe ich dieses kleine Büchlein beim Stöbern in einer Berliner Buchhandlung entdeckt: „Briganten am Wege“. Darin beschreibt Dieter Richter die Abenteuer deutscher Reisender im Italien des 18. und 19. Jahrhunderts. Neben allerlei typischen Reiseunbilden (wie der Lustseuche) hatten sie vor allem mit dem ausgeprägten Straßenräuberunwesen, dem „Brigantaggio“, zu kämpfen. Neben unbekannteren Zeitgenossen zitiert Richter auch aus den Reiseberichten eines Goethe und Fontane und vermittelt so einen recht lebendigen Eindruck davon, wie es früher auf den Bildungsreisen in das Heimatland der Klassik zugegangen ist.
Kurzum: Ein interessantes und kurzweiliges Buch über Reisegewohnheiten und -abenteuer unserer Altvorderen.

Dem Thema Selbstverteidigung gegen die Wegelagerer wird übrigens ein eigenes Kapitel gewidmet (S. 41 ff.):
"Natürlich machte man sich bewaffnet auf die Reise (auch Goethe trug in Italien ein Paar Pistolen bei sich). Aber welche Waffe war wirklich geeignet, um den Reisenden am Tag und in der Nacht wirksam vor Raubüberfällen zu schützen? Auch dazu machen sich Reiseführer und Reiseberichte Gedanken. Darüber hinaus hatten vor allem die in der Branche führenden englischen Reise-Ausrüster eine Reihe von nützlichen Erfindungen auf den Markt gebracht, die den Reisenden Schutz und Sicherheit versprachen.

[…]

Die sicherste Waffe auf der Reise ist ein Dolch

Johann Daniel Neigebauer, 1826

Es sei dahingestellt, ob der folgende Vorschlag aus Neigebauers „Handbuch für Reisende in Italien“ realistisch war oder nicht. Unbequem war seine Ausführung in jedem Fall.

„Die sicherste Waffe auf der Reise ist ein Dolch, den man im linken Rockärmel trägt, so daß er durchaus nicht bemerkt wird und doch im Augenblick der Gefahr mit der rechten Hand unter dem linken Handgelenk ergriffen werden kann. Da aber die Zollbeamten den Reisenden oft sehr genau durchsuchen, so kann man besonders im Piemontesischen in sehr große Unannehmlichkeiten kommen, wenn ein Dolch gefunden wird; indem dort so strenge Verordnungen bestehen, daß Reisenden selbst gewöhnliche Taschenmesser weggenommen worden sind, wenn sie sich nicht das Abbrechen der Spitze gefallen lassen wollten.“"
Beim letzten Satz mußte ich unwillkürlich an Großbritannien denken. Wie man sieht, sind restriktive und unsinnige Waffengesetze keine Erfindung unserer Epoche.



Danach schildert der Maler Ludwig Emil Grimm die während seiner Italienreise 1816 getroffenen Sicherheitsvorkehrungen (S. 44 f.):
"Morgens früh, nachdem die Pässe mit Essig geräuchert und bespritzt und alle Plackereien vorüber waren, alle Gewehre gut geladen, ging es weiter. Der Wirt riet mir, Bedeckung mitzunehmen; da andere Leute uns aber gesagt hatten, die Bedeckung sei nicht viel besser als die Räuber selbst, so reisten wir allein ab. Rechts stundenweit das Ufer des Meeres, links die hohen Gebirge mit ihren Schluchten, alles mit blühenden Myrtenbüschen. Ich hieb mit meinem Säbel Büsche ab und steckte sie an und in den Wagen.

[…]

Wir blieben in Molo di Gaeta und fuhren wegen der Hitze gerade den gefährlichsten Weg in der Nacht weiter; Carlucci [der Kutscher] bat zwar dringend, zu warten bis zum Tag. Unsere Pistolen, etwa zehn gute Schüsse, waren in Bereitschaft, als wir in die Nacht hineinfuhren. Es dauerte auch nicht lange, als uns Carlucci aufmerksam machte auf mehrere uns entgegenkommende Figuren; die Pistolen wurden ergriffen und in Bereitschaft gehalten, jeder sollte seinen Mann vornehmen, um keinen Fehlschuß zu tun; so erwarteten wir, was kommen würde. Der Prestel [ein mitreisender Maler] war sehr ängstlich, aber sehr froh, wie die Sache vorüber war: es waren vorüberziehende Wallfahrer, Mädchen, Frauen, Kinder und Männer.
"


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