Sonntag, 14. Juni 2009

Morgen: Anhörung im Bundestag


Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, originally uploaded by d.r.i.p..

Die Verschärfung des Waffengesetzes tritt jetzt in ihre heiße Phase. Am Montag beschäftigt sich der Innenausschuß des Bundestages in einer öffentlichen Anhörung mit den Plänen der großen Koalition, am Mittwoch steht eine Sitzung des Sportausschusses an und für Donnerstag, den 18. Juni, ist die zweite und dritte Lesung im Plenum vorgesehen - womit der Gesetzentwurf verabschiedet wäre, um danach in den Bundesrat zu gehen. Möglich wurde dieser Geschwindmarsch nur durch einen Verfahrenstrick, bei dem die Änderungen im Waffenrecht an die - schon länger vorliegende und bereits in erster Lesung beratene - Änderung des Sprengstoffgesetzes angehängt worden ist.

Morgen also von 15 bis 18 Uhr Anhörung im Innenausschuß. Nach den schlechten Erfahrungen des vergangenen Jahres und eingedenk des massiven politischen und medialen Drucks, das WaffG noch in dieser Legislaturperiode zu verschärfen, sind meine Erwartungen nicht allzu hoch. Betrachtet man die Liste der geladenen Sachverständigen (siehe Tagesordnung), dann wird klar, was dort morgen voraussichtlich stattfinden wird. Ich denke, der Begriff Schmierentheater ist nicht überzogen. Zumal der Ausschußvorsitzende Edathy (SPD) von seiner Partei als zu waffenbesitzerfreundlich zurückgepfiffen worden ist.

Es treten dort auf: Britta Bannenberg (Justus-Liebig-Universität Gießen, Waffengegnerin); Bernd Carstensen (Bund Deutscher Kriminalbeamter, Waffengegner); Roman Grafe (Initiative "Keine Mordwaffen als Sportwaffen!" - das spricht für sich); Holger Hövelmann (Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt, Waffengegner, siehe auch hier); Joachim Herrmann (Bayerischer Staatsminister des Innern, neutral bis Waffengegner); Rainer Hofius (Oberstaatsanwalt, neutral); Dieter Deuschle (Rechtsanwalt, Jägerfunktionär); Jürgen Kohlheim (Jurist, Vizepräsident des Deutschen Schützenbundes).

In der Sache geht es um die Pläne der Bundesregierung, die nun schon zu einer amtlichen Ausschußdrucksache geronnen sind. Dazu werden die Sachverständigen ihre Stellungnahmen abgeben sowie Fragen der Abgeordneten beantworten.

Eine der spannenderen Fragen bei dieser Veranstaltung ist die, ob die beiden Väter der Waffenrechtsverschärfung - Bosbach und Körper - zugegen sein werden oder nicht. Denn beide sind nur stellvertretende, nicht jedoch ordentliche Mitglieder des Innenausschusses. Und wenn ja: Wo sitzen sie? In der zweiten Reihe, wie es ihnen gebühren würde? Oder räumen zwei ordentliche Mitglieder ihre Sessel, damit die beiden Honoratioren vorn sitzen können? Das mag banal erscheinen, aber daran kann man vielleicht ablesen, wie wichtig die Koalitionsparteien das Thema nehmen. Fehlen die beiden, dann kann man davon ausgehen, daß das Waffenrecht aus Sicht von CDU, CSU und SPD schon abgehakt ist und keiner besonderen Aufmerksamkeit mehr bedarf.

Man muß realistischerweise davon ausgehen, daß die Anhörung eine reine Alibi-Veranstaltung ist, da die Ergebnisse bereits feststehen und von der großen Koalition so auch durchgedrückt werden, ohne Rücksicht auf Verluste. Daher gebührt Form- und Stilfragen besondere Aufmerksamkeit: Wieviel Zeit nehmen sich die Abgeordneten für Fragen und Diskussion? Wurde eine besondere Dramaturgie eingeübt, wonach man "zufällig" einen Vertreter des Aktionsbündnis' Winnenden unter den Zuschauern entdeckt und gesondert auftreten läßt? Kommt es vielleicht anderweitig zu einem Eklat? (Hoffentlich nicht!)

Wer mitverfolgen möchte, wie unsere Freiheit zu Grabe getragen wird, kann dies auf verschiedenen Wegen tun. Das Parlamentsfernsehen wird morgen live ab 15.00 Uhr per Webstream übertragen und diesen Bericht am Dienstag noch einmal wiederholen. Im Nachhinein wird sicher auf der Webseite des Innnenausschusses ein Protokoll der Veranstaltung oder eine Videoaufzeichnung veröffentlicht werden.
Ich selbst werde morgen in Berlin als Beobachter vor Ort sein und will versuchen - im Rahmen der zeitlichen, örtlichen und technischen Möglichkeiten - zu berichten und so ein paar Eindrücke zu vermitteln. Entweder hier im Blog und/oder via Twitter.
Auch bei Visier sowie auf anderen einschlägigen Webseiten und Foren werden Berichte zu finden sein.

Folgebeiträge:
Bericht aus Berlin I
Bericht aus Berlin II
Bericht aus Berlin III
Bericht aus Berlin IV
Bericht aus Berlin V


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