Montag, 12. April 2010

Jagdwaffenvergabe in der DDR


Im Nachgang zur kurzen Einführung in das Waffenrecht der DDR vom Freitag möchte ich meinen Lesern heute eine kurze Abhandlung, die unter dem Titel "Die Jagd in der DDR – Zwischen Feudalismus und Sozialismus" steht, zur Kenntnis geben. Die Autorin äußert sich darin auch zum Umgang mit Jagdwaffen in der DDR:
"[...]

Die Möglichkeiten in eine Jagdgesellschaft im Bereich des öffentlichen Jagdwesens aufgenommen zu werden, richtete sich allerdings tatsächlich nicht nach der Finanzkraft des Einzelnen. Eine Mitgliedschaft wurde stattdessen von der „persönlichen politischen Eignung“ abhängig gemacht. Nonkonforme DDR-Bürger sollten keinesfalls auf dem Umweg über die Jagd Gewalt über eine Waffe erlangen. Um der großen Bedeutung, die dem Bekenntnis zum Sozialismus zukam, angemessenen Ausdruck zu verleihen, wurde deshalb das Fach „Staatsbürgerkunde“ zum Pflichtfach für angehende Jäger. In den Lehrstunden nahm es sogar mehr Raum ein als beispielsweise die Erläuterungen über den Umgang mit Jagdwaffen. Nach einem abschließenden persönlichen Gespräch konnte ein Prüfungsgremium gegebenenfalls die Jagdbefähigung verweigern, wenn deren Mitglieder Zweifel an der politischen Zuverlässigkeit des Anwärters hegten. Wie häufig dieser Fall eintrat, lässt sich schwer beurteilen und hing allein vom Ermessen der Prüfer bzw. deren politischer Einstellung ab.

[...]

Ein Problem, mit dem weitgehend alle Mitglieder der Jagdgesellschaften konfrontiert waren, war die Schwierigkeit bei der Jagdwaffenvergabe. Anders als in der Bundesrepublik und in anderen sozialistischen Staaten, besaßen die Jäger in der DDR keine eigenen Gewehre, sondern mussten diese bei den örtlichen Polizeidienststellen entleihen. Die Waffen waren Staatseigentum und durften nur für die Dauer der Jagd entnommen werden. Diese Maßnahme ging auf das immense Sicherheitsbedürfnis des Staates zurück, dessen Organe auch die Waffenzuteilung für die einzelnen Jagdgesellschaften vornahmen. 1957 wurde in der Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei entschieden, dass bewusst nur eine ungenügende Anzahl an Gewehren für die Jäger zur Verfügung stehen sollte. Nach außen wurde die Limitierung, die aus Angst des Staates vor einer massenhaften Bewaffnung der Bürger resultierte, als Schutzmaßnahme für die Bevölkerung propagiert. Die Konsequenz dieser Sicherheitspolitik war eine flächendeckende unzureichende Bejagung, die vielerorts zu enormen Wildschäden führte und den Staat jährlich Millionen kostete. Daran konnte auch die Übertragung der Jagdwaffenbeaufsichtigung auf die so genannten Jagdleiter und die verlängerte Ausgabedauer der Gewehre, die ab den sechziger Jahren einsetzte, nur wenig ändern. Die sehr wenigen privaten Jagdwaffen unter den Jägern, von denen jährlich DDRweit offiziell nur 100 Stück vergeben wurden, gingen an im sozialistischen Sinne besonders verdiente Weidmänner, die in der Regel über gute Beziehungen zu Funktionären verfügten.

[...]" (S. 1 f.)
Durch die Texte wird m.E. hinreichend deutlich, aus welch finsterem Ungeist manche der heute von den Waffengegnern erhobenen Forderungen geboren geboren worden sind.


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Foto: DPA.
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