Dienstag, 20. April 2010

Meine Entscheidung für "Pro Legal"


Die zurückliegenden vierzehn Tage waren für mich sehr lehrreich, denn ich habe einen (allerdings ungeplanten) Schnellkurs hinsichtlich der deutschen „Waffenlobby“ mitgemacht. (Der Begriff „Waffenlobby“ ist natürlich gräßlich, aber manche Herrschaften scheinen nicht davon lassen zu wollen.) Ausgangspunkt war die Frage, ob ich gewillt bin, nach dem Ende meiner Mitgliedschaft im FWR, einer anderen Waffenrechtsorganisation beizutreten, wobei die Fördervereinigung Legaler Waffenbesitz (FVLW) und Pro Legal (PL) zur Wahl standen. Die Aktivisten der FVLW haben in den letzten Wochen jedoch alles dafür getan, daß man sich als vernünftiger Mensch nur mit Grausen von dieser Organisation abwenden kann.

Erstens wird die geplante, aber aussichtslose Verfassungsbeschwerde mit einer Vehemenz betrieben, die dem fanatischen und blindwütigen Aktionismus waffenfeindlicher Politiker in nichts nachsteht. Man sammelt Geld (wofür? der Gang nach Karlsruhe ist billiger) und übt sich hinsichtlich der Erfolgsaussichten in eifriger (Auto-)Suggestion. Bei einem solchen Unterfangen kann und will ich nicht mitmachen.

Zweitens stört mich der in der FVLW und im Forum Waffen-Online gepflegte Umgang miteinander. Pardon, aber das ist nicht mein Stil. Deutliche Worte in der Sache – ja, zur Not auch einmal ad hominem, aber mit den dort geübten und z.T. vulgären Beschimpfungen anderer Personen will ich nicht in Verbindung gebracht werden.

Damit hängt auch der dritte Punkt zusammen: Einige der dortigen Vorturner scheinen übergeschnappt zu sein, halten sich selbst für „DIE Waffenlobby“ (und erkennen dabei nicht, daß auch außerhalb ihres beschränkten Dunstkreises gearbeitet wurde und wird) und glauben, anderen Leuten Befehle erteilen zu können. Pardon, aber Anweisungen nehme ich maximal von meinem Chef entgegen, nicht jedoch von mehr oder minder anonymen Figuren in einem Internetforum.

Viertens: Selbst wenn man diese ganzen Stilfragen außen vor läßt, so stellt sich die Frage nach der Effektivität der Arbeit der FVLW. Wer rationale Argumente hochmütig mit tumben Kampf- und Durchhalteparolen vom Tisch zu wischen versucht, kann nicht erwarten, ernstgenommen zu werden. Pardon, aber eine solche „Wagenburg- und Endkampfmentalität“ ist mir fremd, auch wenn das Tun einer Sache um ihrer selbst willen irgendwie typisch deutsch ist. (Man lese nur die Jubelschreie darüber, daß jetzt endlich einem Rechtsanwalt das Mandat erteilt werden konnte.) Eine Organisation, in der lautstarker Aktionismus wichtiger ist als sachliche Erwägungen, wird auf mein Mitwirken verzichten müssen.

Ein Nutzer bei Gun-Forum.de hat die derzeit in der FVLW herrschende Mentalität sehr schön und treffend gekennzeichnet:
"[...]

Sagt man aber gegen die Aktion was: Böse.
In WO bist damit sicher mindestens Nestbeschmutzer, Persona non grata, Inhaber der Fa. Armataugnix oder weiß ich was.
Die Partei hat nämlich immer recht! Das mag man in unserem Land so, das Dogma ist ehern. Komisch bloß, "Die Partei handelt immer intelligent und vorausschauend" hab ich noch nie gehört.
Bei der Geschichte vermag ich nur zu lächeln. Und ein wenig auf die Realität zu verweisen. Seltsamerweise tut man sich da aber schon schwer. Eigene Meinung - ja bitte! Aber nur wenn sie zu die Partei hat immer recht auch passt.

[...]"
Gut, somit war klar, daß ich der FVLW nicht beitreten kann. Aber ist Pro Legal deshalb automatisch die richtige Wahl? Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht und mehrere Monate darüber nachgedacht (zu meinen Vorbehalten siehe hier). Doch in den letzten Tagen ist die Entscheidung gereift. Den Ausschlag haben mehrere Faktoren gegeben.

Die Organisationsstrukturen von PL sind erheblich transparenter als es die der FVLW und des FWR jemals waren. Zudem sind dort offenkundig Leute mit Kompetenz und Vernunft am Werk. Insoweit ist es aufschlußreich, was in den Verlautbarungen von PL enthalten ist und was eben nicht darin steht. ;-) Dazu kommt der Schulterschluß mit einigen Unternehmen (zumeist kleineren Büchsenmachern), der geeignet ist, die finanzielle Basis von PL zu stärken, ohne alle Jahre wieder eine neue Spendenkampagne beginnen zu müssen, wo der Verbleib der Mittel später Fragen aufwirft (Stichwort: Spotkohle).

Daneben tritt jedoch ein psychologisches Moment: Man ist als Einzelner immer Zweifeln unterworfen, wenn man abseits des „Mainstreams“, der großen und lauten Masse steht. Deshalb hat mir in den letzten Tagen die Lektüre mehrerer Threads auf Gunboard.de und Gun-Forum.de geholfen, bin ich doch nicht der einzige, der das Treiben der FVLW kritisch sieht. Dazu kamen dann noch E-Mails mit anderen Waffenfreunden (darunter auch Juristen), auf deren Urteil ich etwas gebe und die mich in zweifacher Hinsicht bestärkt haben: Zum einen, daß das Gebaren der FVLW unprofessionell und damit potentiell schädlich ist. Zum zweiten, daß Pro Legal die beste aller derzeitigen Möglichkeiten darstellt.

Nunmehr bin ich also Mitglied von PL. Erstaunt hat mich die recht hohe Mitgliedsnummer (108XX). Ich hätte nicht erwartet, daß sich noch einmal so viele deutsche Legalwaffenbesitzer in einer Organisation zusammenfinden. Das FWR hatte zu seinen besten Zeiten etwa 30.000 Mitglieder und nach den negativen Erfahrungen mit dieser Truppe (obwohl sie unstrittig auch ihre Verdienste hatte!) hätte ich vermutet, daß sich viele enttäuscht von allen neuen Organisationsversuchen abwenden. Insoweit habe ich mich geirrt, worüber ich allerdings auch erfreut bin. Konzeption, Stil und nicht zuletzt auch das zur Verfügung stehende Personal von PL vermögen es also, viele meiner Mitbürger zu überzeugen. :-) (Nebenbei bemerkt: Hat die FVLW überhaupt annähernd so viele Mitglieder?)

Bleibt zu hoffen, daß auch die praktische Arbeit voranschreitet, wobei ich – wie anderenorts schon geschrieben – gerne bereit bin, mitzuhelfen.


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