Samstag, 26. März 2011

Alexander Rosenbaum, der musizierende Notarzt

Im russischen Sprachraum hat sich bis heute eine Tradition des Chansons, oder technischer formuliert, des Autorenliedes erhalten, die es so in Deutschland nicht gibt. Als ymbol dafür mag Radio Chanson gelten. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts standen dafür beispielsweise Wladimir Wyssozkij und Bulat Okudschawa. Etwas jünger ist der nachfolgend vorgestellte Künstler, der in Rußland und wohl auch Israel sehr beliebt ist und ebenfalls zu meinen persönlichen Präferenzen zählt.

Alexander Jakowlewitsch Rosenbaum wurde am 13.09.1951 in Leningrad geboren. Seine Eltern studierten dort Medizin, mußten sich jedoch kurz nach der Graduierung in Kasachstan niederlassen. Maßgeblich dafür waren religiöse Gründe, denn sie waren Juden und kurz vor Stalins Tod begann dieser mit einer antisemitischen Kampagne. Später kehrte die Familie nach Leningrad zurück und Alexander Rosenbaum nahm 1968 ebenfalls ein Medizinstudium auf. Bereits während seiner Schulzeit hatte er eine Musikschule besucht und begann nun, eigene und fremde Lieder und Gedichte vor einem größeren Publikum vorzutragen. 1974 schloß er sein Studium ab - er hatte sich auf Reanimation und Geburtshilfe spezialisiert - und arbeitete fortan als Notarzt in der Newastadt, in der er bis heute lebt.

Parallel dazu bildete er sich musikalisch weiter und trat auch mit seinen Liedern auf. Irgendwann hatte er wohl das Gefühl, sich für eine von beiden Tätigkeiten entscheiden zu müssen - er wählte die Musik und gab die Medizin auf. Anfang der 1980er Jahre begann seine Musikkarriere, die bis heute andauert. Daneben war er als Schauspieler an mehreren Filmen beteiligt. Bisher hat Alexander Rosenbaum fast 500 Lieder und Gedichte geschrieben und fast 100 Alben aufgenommen. Dabei ist es ihm gelungen, einen Großteil der Lieder in zwölf verschiedene Philosophien einzuteilen (Philosophie des Krieges, der Liebe usw.).

Seine Titel sind nicht nur musikalisch angenehm, sondern haben oft auch einen tiefergehenden Text. Er singt nicht nur selbst, sondern spielt auch Gitarre und Klavier. Es ist jedoch die Gitarre, die für den typischen "Rosenbaum-Sound" steht. Mithin eine bescheidenes Ausstattung, mit der er allerdings ganze Konzertsäle füllen kann. Nachfolgend sollen fünf seiner Lieder, Youtube sei dank, vorgestellt werden.

Seine Erfahrungen aus der Arbeit im Rettungsdienst hat er im "Lied des Arztes der Schnellen medizinischen Hilfe" verarbeitet:





Aus Rosenbaums Feder stammen einige Lieder, die sich mit dem Krieg in Afghanistan beschäftigen. Dazu zählt auch das folgende mit dem Titel "Schwarze Tulpe". Es ist im Video mit Szenen aus dem Film "Afganskij Islom" versehen, worin Alexander Jakowlewitsch auch selbst mitgespielt hat:





Der Krieg wird auch im nächsten, sehr temperamentvollen Lied thematisiert, in dem es um die "Kosaken" und ihre kämpferische Lebensweise geht:





Alexander Rosenbaum ist kein weltfremder und unpolitischer Künstler. Im Gegenteil, seit 2003 ist er Dumaabgeordneter für die Partei Jedinaja Rossija und gilt seither russischen Neonazis als weiterer Beweis für eine angebliche jüdische Verschwörung im Kreml. Doch in Israel ist er ebenfalls bekannt und hat 2006 mit dem folgenden Werbelied zugunsten der Partei Jisra'el Beitenu in den Knessetwahlkampf eingegriffen:





Abschließend noch das bekannteste Lied von Alexander Rosenbaum: "Gop-stop". Ein sehr frühes Werk, das er hier im Duett mit Grigorij Leps während einer Neujahrssendung vorträgt:





Heute Abend wird Rosenbaum am alljärlichen Wettbewerb "Chanson des Jahres" teilnehmen, der von Radio Chanson im Kremlpalast veranstaltet wird. Vielleicht gewinnt er ja den Preis.


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